Die von der „Initiative Hessische Architektenfortbildung“ in Zusammenarbeit mit dem DAM konzipierte Veranstaltung diente insbesondere der Standortbestimmung nach 5 Jahren praktizierter Fortbildungsordnung in Hessen.

Zu diesem Zweck wurde ein hochkarätiges Podium gewonnen. Die Hessische Architekten- und Stadtplanerkammer wurde durch ihre Hauptgeschäftsführerin Fr. Dr. Evelin Portz, und durch die ebenfalls anwesende Präsidentin Frau Barbara Ettinger-Brinkmann vertreten. Herr Dr. Traichel repräsentierte als Geschäftsführer die Baukammer Berlin, die eine gänzlich andere Fortbildungspolitik vertritt. Die Sichtweise von benachbarten Disziplinen konnte Herr Dr. Lindlar, Mitglied im Bundesvorstand des Verbandes Beratender Ingenieure VBI erläutern. Herr Prof. Marg schließlich blickte als Gründer des Hamburger Architekturbüros gmp von außen auf die hessische Situation. Wichtig war zudem seine Kompetenz zum Thema Bildung und Fortbildung als Professor an der RWTH Aachen und als Akademiebegründer. Der Direktor des Deutschen Architekturmuseums, Peter Cachola Schmal, leitete die Diskussion.

Begonnen wurde die Veranstaltung mit einer Stellungnahme der „Initiative Hessische Architektenfortbildung“. Wesentlich war hierbei die Feststellung, dass sich auch die Kritiker der Fortbildung nicht verweigern, sondern sie vielmehr als ständige berufliche Herausforderung begreifen. Fortbildung ist Teil des beruflichen Alltags und betriebswirtschaftliche Notwendigkeit, weshalb also braucht Fortbildung bürokratische Kontrolle?


In diesem Zusammenhang wurden folgende Diskussionsgrundlagen formuliert:

  1. Die Durchführungsverordnung ist ein Kind der Hessischen Architektenkammer. Entworfen von gewählten Architektenvertretern für wählende Architekten, ohne das hierfür eine gesetzliche Notwendigkeit besteht. Das Punktesystem ist eine auf Landes-ebene eingeführte Kontrollpraxis. Nur 5 von 15 Landes-Architektenkammern haben bisher eine Fortbildungsordnung, von diesen leistet sich Hessen mit der Durchführungs-verordnung die aufwändigste Fortbildungspflicht mit den schärfsten Sanktionen bei Nichtbefolgung. Auch in anderen freien Berufen ist eine Nachweispflicht der Fortbildung die Ausnahme. Hierüber klärte eine entsprechende Zusammenstellung des Bundesverbandes der Freien Berufe BFB auf.

  2. Die Realität der Kontrolle sieht nun so aus, dass bereits mit der Durchführung von Berufsordnungsverfahren begonnen wurde, um fehlende Fortbildungsnachweise zu sanktionieren. Für punktesäumige Kollegen werden Geldstrafen in vierstelliger Höhe verhängt. Die nächsten Schritte sind ebenfalls in der Verordnung geregelt und können bis zum faktischen Berufsverbot führen. Fehlende Fortbildungspunkte werden damit absurderweise schweren Verfehlungen gegen die Berufsordnung gleichgestellt.

  3. Hinter dem Punktesystem steht eine deutliche Gesinnung und Haltung, die es nicht als Selbstverständnis betrachtet, dass der Beruf verantwortungsvoll ausgeübt wird. Viel-mehr wird vom Gegenteil ausgegangen, und dem Berufsstand sowohl Bildungsmangel als auch mangelnde Bereitschaft zur Weiterbildung unterstellt. Als Berufsvertretung steht die Kammer für eine Solidargemeinschaft. Die augenblickliche Kammerpraxis arbeitet dem entgegen, sie ist würdelos.

  4. Das Punktesystem ist ein rein sanktionierendes System. Einen tatsächlichen Mehrwert bringt es dem Berufsstand nicht, da Fortbildung sowieso wesentlicher Teil der Berufspraxis ist. Für die Architektenschaft ist eine sanktionsbewehrte Fortbildung weder not-wendig noch erstrebenswert. Fortbildung sollte freiwillig und auch freiwillig zu gestalten sein, entsprechend sind die Nachweise über Art und Weise der persönlichen Fortbildung ebenfalls freiwilliger Natur.  Die Kritiker der hessischen Fortbildungsordnung vertrauen hier dem Markt, der längst den engagierten, fachkompetenten Architekten verlangt.


Da sich die Kommunikation der Kammer mit ihren kritischen Mitgliedern auf Einzelgespräche im Zuge der Nachweispflicht beschränkt, sollte das Symposium insbesondere dazu dienen, die Diskussion wieder in der Gemeinschaft zu führen und auf ein sachlicheres Niveau zu heben. Das Ziel einer objektiven Debatte konnte durch das kompetent besetzte Podium erreicht werden. Mit der Frage „Punkte sammeln für die Baukultur?“ war eine Diskussionsgrundlage formuliert, die die Hessische Architekten- und Stadtplanerkammer in ihrer selbst gewählten Rolle als bundesweite Vorreiterin eines sanktionsbewehrten Punktesystems leider in erheblichen Erklärungsnotstand brachte. Der als Erfolgsmodell dargestellte und beworbene hessische Sonderweg wurde am Ende der Diskussion von der Mehrzahl der Podiumsmitglieder und dem Auditorium sehr kritisch betrachtet.

An diesem Punkt setzt nun die Nachbereitung der Veranstaltung an. Die Initiative Hessische Architektenfortbildung fühlt sich zwar in ihrer kritischen Haltung durchaus bestätigt, erachtet aber die Bearbeitung verschiedener Themenfelder als entscheidend für eine mittelfristige Korrektur des augenblicklichen Missstandes. In diesem Zusammenhang richtet sich das Augenmerk automatisch auf die 2009 anstehenden Wahlen zum Architektenparlament, bei denen eine freie und von den Zwängen der einschlägigen Berufsverbände unabhängige Wählerinitiative erheblichen berufspolitischen Einfluss gewinnen kann. Auf dem Weg hierzu ist es jedoch zunächst wichtig, den aktuell mit Berufsordnungsverfahren bedrohten Kolleginnen und Kollegen juristischen Beistand zu leisten und in diesem Zusammenhang auch die prinzipielle Angemessenheit der Durchführungsverordnung gutachterlich überprüfen zu lassen. Hier kommt eine von der Baukammer Berlin verfasste Einschätzung zu dem Ergebnis, dass eine die Berufsausübung bedrohende Sanktionierung der Nachweispflicht unangemessen und damit nicht verfassungskonform ist.

Eine gewisse Rolle für den weiteren Umgang mit der Nachweispflicht spielen schließlich die hessischen Hochschulen als Ausbildungs- und zunehmend auch Weiterbildungsinstitutionen. Etliche aus der Hochschullandschaft entstammende Kritiker der Fortbildungsordnung engagieren sich daher in unserem Sinne.

Die genannten Themenkomplexe Wählerinitiative, Rechtssicherheit und Hochschulweiterbildung werden zeitnah durch entsprechende Arbeitskreise und unter Federführung der Initiative Hessische Architektenfortbildung aufgearbeitet.

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Auswertung des Streitgesprächs im DAM
Fortbildungsordnung

IHA Initiative Hessischer Architekten